Stellungnahme der UWG zum Haushaltsplan 2023gehalten in der Ratssitzung am 27. 2. 2023 vomFraktionsvorsitzenden der UWG, Sebastian JülichSehr geehrter Herr Bürgermeister Schmalenbach,verehrte Kolleginnen und Kollegen,sehr geehrte Besucherinnen und Besucher,vor gut einem Jahr haben wir am 21. Februar den Haushalt 2022 mehrheitlich beschlossen. Die Vorzeichen für das bereits begonnene Haushaltsjahr waren gut. Dank eigentlich nicht gewollter Steuererhöhungen war der Haushalt im Plan ausgeglichen, das Ziel des Haushaltssicherungskonzeptes also erreicht. Ebenso ließ die Entwicklung der Coronazahlen die Hoffnung aufkommen, dass unser normales Leben langsam wieder zurückkehren konnte. Aber bekanntlich kommt es Erstens anders und Zweitens als man denkt. Nur drei Tage nach der Beschlussfassung ist die russische Armee völkerrechtswidrig in die Ukraine eingefallen, damit herrscht wieder Krieg in einem Teil Europas.Die Folgen dieses Krieges bekommen wir auch hier zu spüren; auch wenn diese nicht vergleichbar sind mit dem Leid der Menschen in der Ukraine. Auch uns stellt dieser Krieg vor Herausforderungen, so sind z.B. Flüchtlinge aus der Ukraine und zwischenzeitlich auch aus Russland aufzunehmen und unterzubringen, die wirtschaftliche Lage trübt sich ein, und die Preise für Energie fahren Achterbahn. Die größten Herausforderungen sind sicherlich die Bereitstellung von Wohnraum und die Sicherung des sozialen Friedens. Gefühlt werden auch hier wiedermal die Kommunen von Bund und Land mit dieser Aufgabe alleine gelassen. Der letzte Flüchtlingsgipfel hat wenig konkrete Ergebnisse und noch weniger Unterstützung gebracht. Aber auch diese Aufgabe werden wir vor Ort lösen – dank des Engagements der Mitarbeitenden im Rathaus und der vielen Menschen in unserer Gemeinde, die Wohnraum anbieten oder sich ehrenamtlich um die Flüchtlinge kümmern.Die UWG hat sich in einer Haushaltsklausur gemeinsam mit der FDP intensiv mit dem Zahlenwerk beschäftigt. Der Dank gilt dem Bürgermeister und der Kämmerin für die Teilnahme und die umfassenden Erklärungen. Die Beratung eines Haushaltsplanes ist immer auch ein Wechselbad der Gefühle für uns Kommunalpolitiker. Auf der einen Seite kann man vermeintlich gestalten und bestimmen, wofür in den nächsten Jahren das Geld ausgegeben werden kann und was in unserem Heimatort geschaffen werden soll. Auf der anderen Seite stellt man dann aber schnell fest, dass so viel Geld zum Ausgeben doch nicht vorhanden ist, viele Interessen unter einen Hut zu bringen und – das ist das eigentlich schlimme – viele Ausgaben fremdbestimmt sind. Am Ende ist dann das Geld verteilt und noch reichlich an unbedienten Ausgabewünschen übrig. Mit der verfassungsrechtlich verbrieften kommunalen Selbstverwaltung ist es bei nüchterner Betrachtung dann doch nicht mehr so weit her. Die Kommunalfinanzen sind in Schieflage, die finanzielle Ausstattung der Kommunen, gerade auch hier bei uns in NRW, nicht ausreichend. Ob sich daran grundlegend etwas ändert, bleibt zu hoffen. Bis jetzt ist für mich nicht erkennbar, dass die neue Landesregierung grundlegend etwas ändern will. Es gibt zwar mehr Mittel, oft aber auch kurzfristig und vor allen Dingen anlassbezogen, und damit nicht planbar. Das ist zwar gut, hilft aber nicht grundlegend weiter.Die Landespolitiker beschäftigen sich jetzt mit der Brückenbaustelle in Lüdenscheid. Die noch auf Jahre gesperrte Autobahn ist für uns eine immense Belastung, die neue Brücke muss schnellstmöglich gebaut werden.Es bringt aber jetzt überhaupt nichts über die Medien auszutragen, wer bzw. welche Partei an welcher Stelle (Land oder Bund) wann(wer hat regiert) etwas falsch gemacht hat. Durch diese Diskussion wird die Brücke nicht einen Tag eher fertig. Diese Diskussionen zeigen aber ein grundsätzliches Problem in unserem Land – parteipolitischer Knatsch und persönliche Eitelkeiten gehen vor Sachdiskussion und Sachentscheidung. Man schaue dazu nur nach Berlin. Einigkeit scheint immer nur dann zu bestehen, wenn es darum geht durch immer neue Gesetze, Vorschriften und Standards den Kommunen neue Aufgaben zu bescheren und gleichzeitig bereits vorhandene Aufgaben weiter zu erschweren. Wenn man es so macht sollte muss man sich nicht wundern, dass Dinge immer komplizierter werden und immer länger dauern. Die immer weiter fortschreitende Verrechtlichung unseres Alltags bis in den kleinsten Lebensbereich sollte irgendwann mal aufhören, zu verstehen ist manches ohnehin schon lange nicht mehr.Wesentlicher Ausgabeposten ist in diesem Jahr auch wieder die Kreisumlage. Erfreulicherweise sind die Ansätze sowohl bei der allgemeinen als auch bei der differenzierten Kreisumlage in diesem Jahr etwas geringer als im vergangenen Jahr. Das ist soweit gut, aber die zukünftige Entwicklung bereitet uns große Sorgen. Die Finanzierung der Märkischen Verkehrsgesellschaft soll bereits ab diesem Jahr und zukünftig immer stärker steigend über die Kreisumlage erfolgen. Beim Klinikum in Hellersen stehen Investitionen im Bereich Brandschutz von über 150 Millionen € an. Auch hier droht eine Finanzierung über die Kreisumlage. Der Kreis scheint ein Problem mit seinen Beteiligungen zu haben. Es kann aber nicht sein, dass dieses Problem durch die Kommunen über eine immer weitere steigende Kreisumlage gelöst wird. Erforderlich ist aus unserer Sicht eine fachkundige und unvoreingenommene externe Überprüfung der Beteiligungen, verbunden mit Vorschlägen zu Einsparmöglichkeiten. Während Kreis und Landschaftsverband einfach die Umlagen erhöhen können, muss sich die Gemeinde schon mit mehr Aufwand um ihre Einnahmen kümmern. Erfreulich ist, dass trotz aller wirtschaftlicher Probleme die eingeplanten Steuereinnahmen gleich bleiben bzw. der Anteil an der Einkommenssteuer sogar leicht steigt. Gemeinsam mit Schlüsselzuweisungen und der Isolierung der dem Ukraine-Krieg und der Pandemie geschuldeten Mehrkosten gelingt der Haushaltsausgleich. Meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz des engen finanziellen Spielraums stehen auch Investitionen an. Positiv zu nennen sind hier der Abschluss der Sanierung im Freibad (das Juwel unserer Gemeinde), die Fertigstellung der Gemeinschaftshalle (auch dank des hohen persönlichen und zwischenzeitlich auch finanziellen Engagements der Mitglieder des Schützenvereins), der Abschluss des Neubaus des Feuerwehrgerätehauses in Rärin und der Beginn der Planungen für die anderen Standorte mit dem Schwerpunkt Herscheid. Auf den Weg gebracht wurde auch das Entwicklungskonzept für Hüinghausen, erste Maßnahmen werden folgen. Ganz besonders wichtig ist auch der Bereich Klimaschutz. Dazu gehört für uns auch der Bereich der Gewässerunterhaltung und -entwicklung zum Schutz vor Hochwasser. Hier sehen wir uns mit der Kooperation mit dem Stadtentwässerungsbetrieb Lüdenscheid Herscheid gut für die Zukunft aufgestellt.Investiert werden soll auch in unsere Straßen. Die eingeplanten Unterhaltungsmittel sind, der Finanzlage geschuldet, nicht ausreichend. Sollten sich im Laufe des Jahres noch finanzielle Spielräume ergeben stehen wir einem Sonderprogramm mit zusätzlichen Unterhaltungsmaßnahmen positiv gegenüber.Um die genannten Aufgaben umsetzen zu können, aber auch um die anderen vielfältigen Dienstleistungen erbringen zu können, ist eine gute personelle Ausstattung essentiell. Der Bürgermeister hat uns mehrfach erläutert, dass die personelle Situation im Rathaus angespannt ist. Wichtig ist daher, dass die Gemeinde Herscheid ein attraktiver Arbeitgeber für Mitarbeitende ist. Neben dem reinen Gehalt gehören dazu auch die sogenannten weichen Faktoren wie flexible Arbeitszeiten und Homeoffice, Verantwortungs- und Gestaltungsspielraum und auch die individuelle Fort- und Weiterbildung des vorhandenen Personals. Aus diesem Grund, aber auch wegen sich laufend ändernder Vorschriften, halten wir den Haushaltsansatz für Fortbildungsmaßnahmen für deutlich zu gering. Fortbildung kostet Geld, zahlt sich aber aus,Alle Aufgaben werden auch in Zukunft nicht mit eigenem Personal machbar sein und es ist externe Unterstützung erforderlich. Gerade bei der Auswahl externer Planer muss ein Schwerpunkt auf der Qualität liegen, um Maßnahmen wie gewünscht abschließen zu können. Der Besuch des Planungs- und Bauausschuss auf der Baustelle des Betriebsgebäudes im Freibad hat mir gezeigt, dass hier noch Luft nach oben ist.Gerade das letzte Haushaltsjahr hat wieder einmal gezeigt, wie schnell sich Rahmenbedingungen plötzlich und unerwartet ändern können – sei es auf der Ausgaben- oder der Einnahmenseite. Fehlende und unsichere Zahlen haben auch dazu geführt, dass der Haushaltsplan erst im Haushaltsjahr, und nicht wie eigentlich vorgeschrieben, im Vorjahr beraten und beschlossen wird. Der Datenstand gab eine frühere Aufstellung nicht her. Aufgrund der noch längeren Vorlaufzeit und den noch größeren Unwägbarkeiten sehen wir daher auch keinen Doppelhaushalt für die Haushaltsjahre 2024/2025. Eine Planung mit einem so langen Vorlauf ist mit zu großen Unsicherheiten behaftet.Wichtig an dieser Stelle ist mir auch nochmal der Hinweis auf eine bessere Transparenz der Zahlen und ein engeres Controlling. Da wir um die personelle Enge im Rathaus wissen und zudem die Kämmerin in den Finanzberichten verschiedene Zahlen vorgetragen hat, haben wir bewusst darauf verzichtet, den vor einem Jahr angekündigten Antrag zur Haushaltssteuerung und Kontrolle zu stellen. Personelle Enge und zusätzliche Aufgaben (Stichwort Flüchtlinge und Folgen der Ukrainekrise) erforderten die Aufmerksamkeit und Konzentration im Rathaus, ein weitreichender Antrag passte da nicht in die Zeit – auch als Respekt vor der Leistung der Mitarbeitenden. Das Thema ist aber immer noch aktuell. Neben den Finanzkennzahlen sind sicherlich auch Kennzahlen zu den einzelnen Produkten und gemeindlichen Leistungen erforderlich. Kennzahlen können auch eine Chance sein darzustellen, dass im Rathaus gute Arbeit geleistet wird, die einen Vergleich nicht scheuen muss. Positiv aufgenommen haben wir daher den Hinweis der Kämmerin, dass mit der Anschaffung einer neuen Software dieser Bereich weiter ausgebaut werden soll. Wir freuen uns auf die ersten Ergebnisse.Auch im letzten Jahr konnten wir wieder sehen, was in unserem Heimatort möglich ist. Zu einem nicht kleinen Teil liegt das aber an den Bürgerinnen und Bürgern, die Verantwortung übernehmen und sich für Ihre Mitmenschen einsetzen. Wie wichtig dieses Engagement ist, zeigt sich an vielen Stellen, eine Aufzählung aller Aufgaben ist kaum möglich. Neben dem Engagement in Vereinen und Institutionen ist es oft auch der ganz private Einsatz im direkten Umfeld, dem Freundeskreis oder der Nachbarschaft. Gerade auf dieses Engagement kommt es in einer Gemeinschaft an. Unser Dank gilt daher allen, die sich uneigennützig und unentgeltlich für das Gemeinwohl engagieren – sei es in einem Verein, dem DRK, der Feuerwehr, den Kirchen oder auch im privaten Rahmen losgelöst von einer Institution. Meine Damen und Herren, die Aussichten für das neue Haushaltsjahr sind nicht schlecht. Die Chance ist da den Haushalt auch dieses Jahr wieder auszugleichen, unsere finanzielle Handlungsfähigkeit auch ohne Steuererhöhungen zu erhalten und gleichzeitig auch in die Zukunft zu investieren. Die UWG-Fraktion wird daher dem Haushaltsplan mit allen Anlagen zustimmen. Trotz aller Sorgen vor der Zukunft aufgrund der weltpolitischen Lage und vieler Probleme und Krisen sollten wir uns unsere Zuversicht bewahren und mit Mut und Optimismus die Dinge angehen, die in Zukunft anstehen.Ihnen verehrte Kolleginnen und Kollegen, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rathaus danke ich für die gute Zusammenarbeit in den letzten 12 Monaten. Lassen Sie uns auch weiterhin über Lösungen, statt über Probleme sprechen. Reden über Lösungen lässt Lösungen wachsen, während reden über Probleme die Probleme wachsen lässt.Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.